Künstliche Intelligenz verändert die gesamte Welt – auch das UX Design?
KI ist längst Teil unseres Alltags – sowohl auf konsumierender Ebene (z.B. Filter auf dem Smartphone) als auch auf der schaffenden Seite (Texterstellung, Aufgabenbearbeitung).
Systeme wie ChatGPT & Co. haben in kurzer Zeit vieles verändert und auf den Kopf gestellt: Sie übernehmen Aufgaben jeglicher Art, unterstützen bei der Optimierung von Prozessen und helfen dabei, Ressourcen zu sparen. Im Kontext von UX Design erstellen KI-Tools schon heute Texte, Bilder und sogar Layouts – Fähigkeiten, die bis vor wenigen Jahren noch undenkbar waren.
Doch kann KI auch (schon) echtes UX Design?
Dieser Artikel geht der Frage nach, ob KI bereits echte Konkurrenz für UX Designer:innen darstellt – oder ob trotz technologischem Fortschritt der menschliche Faktor unersetzlich bleibt.
Was ist die Aufgabe von UX Designern im klassischen (heutigen) Sinn?
UX Design schafft positive Erlebnisse für Nutzerinnen und Nutzer und bildet die Schnittstelle zwischen Mensch, Technologie und Produkt – weit über rein visuelle Gestaltung hinaus.
Kernaufgaben von UX Designer:innen:
- Recherche von Nutzeranforderungen, um echte Bedürfnisse zu verstehen,
- Beobachtung von Nutzungsverhalten, um Schwachstellen und Potenziale zu erkennen,
- Befragung und Interviews, um Erwartungen, Wünsche und Frustrationen direkt zu ermitteln,
- Planung von Interfaces, um Nutzer:innen bei der Verwendung von digitalen Produkten positive Erlebnisse zu ermöglichen,
- Berücksichtigung von Standards wie den WCAG-Standards (Web Content Accessibility Guidelines) sowie von etablierten Regeln wie den 10 Usability-Heuristiken,
- Evaluation von Nutzererfahrungen und Feedback von Nutzer:innen einholen, das sie in der umgesetzten Lösungen gemacht haben, um das digitale Produkt kontinuierlich zu verbessern.
Kurz: UX Design erfordert systematisches, menschenzentriertes Vorgehen mit Empathie und tiefem Verständnis.

Alles Aufgaben, die nur Menschen leisten können?
Viele dieser Aufgaben wirken zunächst typisch menschlich. Doch kann KI nicht zumindest Teile davon übernehmen oder sogar eigenständig erledigen? Dies wird im Folgenden beleuchtet.
Kann KI UX Designer wirklich ersetzen?
KI-Tools können bereits heute viele Aufgaben übernehmen, die UX Designer:innen dabei unterstützen, bessere Nutzererlebnisse zu schaffen. Dabei kann KI in verschiedenen Phasen des UX Designs durchaus hilfreich sein.
Hier sind einige Beispiele, in welchen Phase von User Experience Design Künstliche Intelligenz Designer:innen unterstützen kann:
Recherche: Um das Umfeld von Nutzer:innen besser zu verstehen, können Tools wie ChatGPT Hintergrundinformationen liefern. So zum Beispiel bei der Planung einer Anwendung für Ärzt:innen, für die Einblicke in medizinisches Wissen und Prozesse notwendig sind. KI ersetzt zwar kein Medizinstudium oder medizinischen Experten, kann aber dabei helfen, komplexe Abläufe und Bedürfnisse verständlich zu machen.
Beobachtung: Ein bedeutender Teil von UX Design besteht darin, Probleme von Nutzer:innen zu erkennen, um Nutzererlebnisse zu verbessern. Beim sogenannten Shadowing beispielsweise werden Nutzer:innen dazu in ihrem konkreten Nutzungsumfeld durch UX Designer begleitet und “beobachtet”. Die Beobachtung selbst kann KI nicht leisten, dafür aber bei der Aufbereitung von Erkenntnissen. Tools wie das Miro-Board haben KI-Funktionen integriert, die beim Clustern von Erkenntnissen helfen können.
Befragung und Interviews: Interviews zu führen ist eines der spannendsten Fehler von UX Design. Denn durch eine gute Vorbereitung kann man wertvolle Erkenntnisse zu Nutzeranforderungen erlangen. Zu Vorbereitung von Interview-Leitfäden nutze ich teilweise auch ChatGPT, aber mehr, um meine Ideen und Fragen in Form zu bringen. Der aufwändigste Teil bei Interviews ist aber die Aufbereitung von Erkenntnissen. An dieser Stelle kann KI sehr gut unterstützen. Mit notta.ai lassen sich Aufzeichnungen bequem transkribieren. Die KI wertet anschließend das Interview aus und stellt relevante Aussagen zusammen. Für einen schnellen Überblick ist das KI-Tool sehr hilfreich und erleichtert Folgeschritte ungemein.

Planung von Interfaces: Bei der Planung von Nutzeroberflächen kann es sinnvoll sein, im Vorfeld User Journey Maps in die Planung einzubeziehen. Sie helfen, die Wege von Nutzer:innen zu visualisieren, um bewusste UX-Entscheidungen treffen zu können. Die Erstellung solcher Maps basiert auf Feedback aus Befragungen, Interviews und Beobachtungen – ein oft sehr aufwändiger Prozess. KI-Tools wie Journey AI können diesen Aufwand reduzieren, indem sie aus Interview-Skripten automatisch erste User Journey Maps generieren.

Evaluation und Feedback: Beim UX Design ist es wichtig, dass neu entwickelte oder auch veränderte Produkte fortwährend überprüft und hinterfragt werden. Hilfreich dazu ist es, Nutzer:innen um Feedback zu bitten. Auch hilfreich ist es, Seitenstatistiken auszuwerten, um Nutzerflüsse zu überprüfen, bzw. zu verstehen. Bei der Auswertung der Antworten und Daten können, wie auch bei der Auswertung von Beobachtungen, KI-Features UX Designern helfen.
Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser
UX Designer:innen müssen KI-Ergebnisse kritisch prüfen und eigenständig bewerten, denn der menschliche Blick bleibt entscheidend für gelungene Nutzererlebnisse.
Warum UX Designer dennoch unverzichtbar sind
KI unterstützt bei Recherche, Analyse und Gestaltung. Aber der Schlüssel zur erfolgreichen User Experience bleibt der Mensch.
Ohne den Faktor Mensch geht es nicht
Empathie ist das Herzstück von UX Design. Im Gegensatz zum Menschen kann KI keine Emotionen spüren oder zwischenmenschliche Nuancen deuten.
Gutes UX Design basiert jedoch nicht nur auf der Analyse von Daten, sondern eben auf dem Gespür für die tatsächlichen Bedürfnisse von Nutzer:innen – vielleicht heute wichtiger denn je.
Insbesondere beim Beobachten von Emotionen in Interviews oder beim Deuten von Mimik und Gestik ist der menschliche UX Designer der KI (noch) überlegen.
Wie wichtig der persönliche Kontakt außerdem ist, zeigen verschiedene Studien, wie beispielsweise die Researchgate – Social Robots and Digital Humans as Job Interviewers. Nutzer:innen zeigen in Interviews mit KI oder Chatbots weniger emotionale Regungen und Gefühle als gegenüber menschlichen Interviewpartnern.
Fehlt diese emotionale Ebene, bleiben echte Bedürfnisse womöglich unerkannt – mit direkten Folgen für Nutzererlebnis und Geschäftserfolg.
UX Design trägt ethische Verantwortung
Bei KI-Systemen bleibt oft unklar, auf welchen Daten ihre Vorschläge beruhen. Auch wenn Systeme wie ChatGPT inzwischen Quellen angeben, ist eine vollständige Kontrolle über potenzielle Vorurteile kaum möglich.
KI als Unterstützer, nicht als Entscheider
KI ist ein wertvoller Baustein auf dem Weg zu einer besseren User Experience.Ich verstehe daher KI als eine Art Sparringspartner, um Erkenntnisse schneller auszuwerten und Bedürfnisse besser einzuordnen.
Am Ende bleibt es jedoch die Aufgabe von UX Designer:innen, für eine ganzheitliche Nutzerreise und ein sinnvolles Zusammenspiel aller Komponenten zu sorgen.
KI als Bereicherung für UX-Designer:innen
Der gezielte Einsatz von KI bietet große Chancen für UX Designer:innen.
Ein kreatives Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine kann entstehen, wenn künstliche Intelligenz sinnvoll und konstruktiv eingesetzt wird.
KI kann insbesondere dann wertvoller Partner sein, wenn Wissen aus fremden Fachbereichen benötigt wird und Expert:innen aber schwer erreichbar sind.
Darüber hinaus eröffnet der Einsatz von KI aber auch neue Aufgabenfelder für UX Designer:innen. Sie müssen Interfaces entwickeln, die den generativen Output von KI-Systemen so transportieren, dass er für Nutzer:innen verständlich, zugänglich und vertrauenswürdig bleibt.
Ethisches Design und KI-Governance
Design trug immer schon Verantwortung – nicht nur im digitalen Kontext.
Aber heute, wo KI mühelos Bilder und Stimmen fälschen kann, wird der verantwortungsvolle Einsatz speziell im Design essenziell. Nutzer:innen müssen Informationen vertrauen können und sollen nicht in die Situation gebracht werden, dass sie jeden Inhalt auf Richtigkeit überprüfen müssen.
UX Designer:innen müssen daher beim Einsatz von KI im Konzeptions- und Gestaltungsprozess beachten, dass zusammengetragene Informationen korrekt sind. Dies ist wichtig, um Missbrauch vorzubeugen und zu verhindern, dass das Vertrauen von Nutzer:innen verspielt wird.
Fazit
KI verändert UX Design – den Designer macht KI aber nicht überflüssig
Ich sehe in KI eine wrikliche Bereicherung. KI vereinfacht Prozesse und beschleunigt Aufgaben – etwa bei der Recherche oder der Auswertung von Nutzerinterviews.
Sie eignet sich hervorragend als Ideengeber und Impulsquelle, ähnlich wie beim Austausch mit Kolleg:innen. Natürlich ersetzt Künstliche Intelligenz noch lange nicht die Qualität des persönlichen, zwischenmenschlichen Austauschs. Aber die neue Technologie hilft bei Alltagshürden und zur Ersteinschätzung in vielen Belangen.
Auch wenn Künstliche Intelligenz das UX Design oder die Aufgaben von Designern spürbar verändert, so bleiben „menschliche“ UX Designer:innen dennoch unverzichtbar: Als empathische Gestalter:innen einer positiven, verantwortungsvollen Nutzererfahrung.